Valeska Lange
Valeska Lange, geboren 1937, entdeckte schon sehr früh ihre Liebe zur Schrift-
stellerei, schrieb hauptsächlich Geschichten und Gedichte. Nachdem sie aus dem
Berufsleben ausgestiegen ist, widmet sie sich der Aufarbeitung eigener Erfahrungen.
In "Du schaffst das schon" vermittelt sie "Einblicke in das Leben einer Alleinerzie-
henden", da sie selbst früh Witwe wurde und ihre beiden Kinder, bei voller Berufs-
stätigkeit, allein groß gezogen hat.
Im Augenblick stehen hauptsächlich die
"Erinnerungen an die Flucht aus Schlesien 1945 und die mageren Jahre danach"
im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Valeska Lange lebt im Nordschwarzwald.

Hier meldet sie sich selbst zu Wort
Wie das mit dem Schreiben und Dichten begann...
(Ausschnitt aus: "Erinnerungen an Flucht und Nachkriegszeit")

1945: Das Flüchtlingsmädchen V.L. wohnte mit seiner Mutter in zwei Dachkammern...
"...In dem zweiten Zimmer gab es, außer dem Bett für meine Mutter, noch eine
Kommode und einen Schrank. Beide Möbelstücke waren gefüllt mit Dingen der
Wirtsleute und abgeschlossen. Der Schrank war weiß und hatte in der Mitte eine Tür
aus Milchglas, dahinter standen zwei Reihen mit Büchern, deren Titel ich nicht
erkennen konnte.
Wie oft stand ich davor und hätte alles dafür gegeben, wenigstens eines dieser
Bücher herausholen und lesen zu dürfen, aber ich traute mich nicht, zu fragen, es
gab mit den Wirtsleuten genug Reibereien wegen Alltäglichkeiten. Die Bücher also
waren und blieben für mich unerreichbar. Dabei hatte ich gerade das Lesen gelernt, doch diese soeben entdeckte Welt war, zusammen mit meiner behüteten und sorg-
losen Kindheit, untergegangen. So blieb mir nichts anderes übrig, als mir eine eigene Geschichtenwelt aufzubauen. Ich erfand Geschichten und schrieb sie auch auf, in
ein aus kostbaren Papierresten zusammengenähtes Blöckchen. Daran erinnere ich
mich genau: Als die Cafés wieder geöffnet waren und sich meine Mutter dort ab und
zu, wenn sie frei hatte, mit anderen Heimatvertriebenen traf, saß ich brav daneben, zückte aber sehr bald Stift und Blöckchen und bastelte, völlig selbstverloren, an
meinen Geschichten oder Gedichten herum. Die Seitenränder wurden dort, wo es
noch etwas Platz gab, mit kleinen Zeichnungen verziert, und war ein Werk fertig,
dann gab es eine "Dichterlesung", und man zollte mir viel Lob. Das erfüllte mich mit Stolz, jawohl, ich war eine Dichterin geworden, jeder konnte es sehen und hören!
So also war ich nur noch mit Block und Stift unterwegs, und meine Mutter hatte
große Mühe, die so notwendigen Papierreste zu organisieren..."

Leider, leider...
sind diese Erstlingswerke verloren gegangen, meine Mutter war Meisterin im Aussortieren. Erst sehr viel später habe ich begonnen, alles zu sammeln und aufzuheben. Richtig leicht wurde das dann, als ein Computer auch bei mir seinen
Einzug hielt...

Aus dem reichhaltigen Schatz von Geburtstags- Hochzeits- Jubiläums- und
sonstigen Festgedichten oder von Gereimtem zu Anlässen anderer Art l
inks ein
Beispiel aus neuerer Zeit...


Dichterlesung in einem
kleinen Buchladen

Laden klein, aber fein.
Viele Leut kamen heut,
jeder steht, wie es geht.
Dichter sitzt, etwas schwitzt,
wartet, dass, Menschenmass'
endlich still - lesen will!
Stehplatz schlecht, und man möcht'
sitzen gern und dann hör'n
mit Genuss bis zum Schluss.
Aber so nicht ganz froh -
Luft sehr schwer und Glas leer.

Spannung groß: Es geht los!
Jetzt ist Ruh'- Augen zu!
Ei, der daus! Ohrenschmaus!
Gut verpackt Wahrheit nackt,
Wortgespiel mit Gefühl.
Seele lacht, Geist erwacht.
Es geht schnell, manche Stell'
möchte man - einfühlsam -
nochmals hör'n, schrecklich gern.

Ehrfurchtsstill das Gewühl.
Dame dort immerfort
nickt entspannt, doch gebannt.
Nebendran ruft ein Mann:
"Dees isch gut!" und mit Mut
klatscht er sacht - und man lacht.
Durchbruch da: "Ha, ha, ha!"
Der Genuss kommt in Fluss.

Doch das Stehn will nicht gehn
und die Pein in dem Bein
schafft, statt Lust, leider Frust.
Also auf! Geh' und kauf',
was gedruckt und entzuckt!
Denn zu Haus (du Banaus!)
kannst in Ruh lesen du
ohne Pein in dem Bein
und in Luft voller Duft -
voll das Glas - welch ein Spaß!

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